Poetry for the Future

Künstlerische studentische Arbeiten, die im Rahmen der Lehre an der Universität Bremen entstanden sind

Malin Altmann, Svetlana Ehrstein, Nicole Müller, Sharon Strato

(WiSe 2021_22)

Wanderung

Ich schwimme durch einen sea of whiteness
Durch die Tiefen konstruierter Kategorien
Vorbei an Diskriminierungserfahrungen und hegemonialer Wissensproduktion
Zwischen all den weißen Körpern
Fehl am Platz
Irritierte Blicke - mein Körper sticht heraus
Bin ich euch nicht weiß genug?

Ich rolle durch einen Wald aus Bordsteinmauern
überwinde immer wieder für euch unsichtbare Schluchten
Vorbei an kapitalistischen Arbeitsmaschinen und Cyborgs
Zwischen all den genormten Körpern
Fehl am Platz
Irritierte Blicke - mein Körper überfordert euch

Bin ich euch nicht stark genug?
Ich wandere durch ein Tal aus Erwartungen
Sehe einen Berg aus männlichen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Aufgaben
Vorbei an Machtverhältnissen, existiere ich zur Reproduktion
Zwischen all den cis-männlichen Körpern
Fehl am Platz?
Fordernde Blicke - mein Körper gehört euch
Bin ich euch nicht mehr wert?

Hör mal!
Ein Vogel singt:
Wirf alte Machtstrukturen über Bord und schaffe Raum
Für neues Denken und Handeln.

Nadia Al-Osman, Christina Bachmann, Amara Ekene, Lea Engels (WiSe 2021_22)


Alle gucken.
Auf die Farbe der Haut,
auf den Körper, doch bloß binär, Mann oder Frau.
Auf Einschränkungen, "Wie, du kannst nicht gehen? Na immerhin kannst du noch sehen!".
Auf dünn oder dick - "nimm doch mal ab, nimm doch mal zu! Das Problem könnte eine Krankheit sein? Nein, das Problem bist du!"

Alle fühlen.
Die Wut, wenn der Rollstuhlfahrer die Bahn nicht schnell genug verlässt,
wenn die Werbung aus zu viel "Quoten-Diversity" besteht.
Mitleid, mit den Eltern eines behinderten Kinds, auch wenn sie doch glücklich sind?
"Aber gut, dass du nicht abgetrieben hast, dafür sollten Frauen in den Knast!"
Die Abneigung gegen alles, was nicht ihrem einfältigen Bild entspricht - was der Intolerante nicht kennt, das frisst er nicht.

Alle sprechen.
Über die Woman of Color im Vorstand,
"Wie hast du das bloß geschafft, das haben wir in unserer Firma ja noch gar nicht gekannt.
Aber toll, dass du da bist, der weiße Kollege erklärt dir alles, nimmt dich gern an die Hand".
Ob hinter dem Rücken oder direkt ins Gesicht, was ihre Worte auslösen, bedenken sie nicht.

Keiner denkt.
An den Schmerz, die Scham,
die eine Person fühlt, weil sie mal wieder unterschätzt wurde, oder angestarrt in der Bahn,
wegen Dingen, die sie nicht ändern kann.Alle gucken, alle fühlen, alle sprechen - doch keiner sieht,
den Menschen hinter dem Körper und was durch Blicke, Worte und Taten in ihm geschieht.

Saskia Hartig (SoSe 2021)

Bild zum Text von:

Debus, Katharina (2015): Du Mädchen! In: Andreas Hechler und Olaf Stuve (Hg.): Geschlechterreflektierte Pädagogik gegen Rechts. Unter Mitarbeit von Christian Beeck. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich, S. 79-99.

Hilal Dilmen Pereirra (SoSe 2021)

Gedicht zum Text von: Ҫiçek, Arzu/Heinemann, Alisha M. B./Mecheril, Paul (2015): Warum so empfindlich? Die Autorität rassistischer Ordnung oder ein rassismuskritisches Plädayer für mehr Empfindlichkeit. In: Marschke, Britta/Brinkmann, Heinz U. (Hrsg.): "Ich habe nichts gegen Ausländer, aber ...". Alltagsrassismus in Deutschland. Berlin, Münster: LIT. S. 143-167.

Du fragst,
woher ich komme?
Meine Antwort,
dir nicht Genüge?
Woher ich denn "wirklich" komme?
Resultiert, weil ich dir "fremd" erscheine.
In dir prickelt es vor Neugierde
und deine Absicht ist gut,
aber in mir eine Flut
aus unaussprechlichen Wörtern,
die ich nicht will befördern.
Am Toben sind meine Gedanken!

Doch ich muss die Fassung bewahren.
Mir selbst stelle ich die Fragen,
Was nützt es zu erklären?
Was nützt es zu diskutieren?
Und wo gehöre ich hinzu,
wenn nicht zu dem Land in dem ich bin geboren?
Was spricht aus dir,
das aus mir
in meiner Heimat
eine Fremde macht?
Willst du mich in eine deiner Schubladen verbarrikadieren,
weil es so viel leichter ist in schwarz und weiß zu denken?

Da du nicht der erste bist,
der auf diese Weise neugierig ist,
wiederhole ich meine Antwort
und finde wieder zu mir,
weil ich weiß die Mehrheit besteht nicht aus Menschen wie dir!

Duaa Khalid: Poem (WiSe 2019_2020)

Gedicht zum Text von: Posselt, Gerald (2019): Sprache und Gewalt im Kontext von Flucht, Migration und Geschlecht. Eine sprachphilosophische Annäherung. In: Alisha M. B. Heinemann und Natascha Khakpour (Hg.): Pädagogik sprechen. Die sprachliche Reproduktion gewaltvoller Ordnungen in der Migrationsgesellschaft, S. 11-34.

"Freedom of speech", "the First Amendment", "Meinungsfreiheit",
Das Recht seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten,
selbst wenn diese irreleiten?
egal wie entwürdigend und menschenverachtend jene Meinung sei?
Beleidigungen und Kommentare allerlei?

Wo ist die Grenze oder gibt es überhaupt eine?
Systematischer Rassismus angefeuert von marginalisierender Sprache,
Unter den Namen der Freiheit entsteht eine toxische Alltagssprache.
Wie kann man die Balance zwischen Würde und Meinungsfreiheit wahren?
Wie kann man tatsächlich mit Gerechtigkeit verfahren?

Weder Medien, noch wir selber halten einen Blatt vor dem Mund,
der eigentliche Zweck der Meinungsfreiheit rückt immer mehr in den Hintergrund.
Es geht nicht mehr darum die eigenen Rechte oder die der anderen zu wahren,
sondern entwickelt sich immer mehr zu einem Mittel diese Rechte anderen zu verwehren.

Wie konnte sich ein Mittel der "Empowerment" zu einem Mittel der "Embitterment" entwickeln?
Wie kann man seine Meinung schonender, weltoffener und menschlicher übermitteln?
"Freedom of speech", "the First Amendment", "Meinungsfreiheit",
dies waren einst Begriffe mit Geschichte, Wert und Menschlichkeit.


Annika Merschmann: Zeichnung (WiSe 2019_2020

Zeichnung zum Text von: Posselt, Gerald (2019): Sprache und Gewalt im Kontext von Flucht, Migration und Geschlecht. Eine sprachphilosophische Annäherung. In: Alisha M. B. Heinemann und Natascha Khakpour (Hg.): Pädagogik sprechen. Die sprachliche Reproduktion gewaltvoller Ordnungen in der Migrationsgesellschaft, S. 11-34.


A. M.: Poem (WiSe 2019_2020)

Gedicht zum Text von: Posselt, Gerald (2019): Sprache und Gewalt im Kontext von Flucht, Migration und Geschlecht. Eine sprachphilosophische Annäherung. In: Alisha M. B. Heinemann und Natascha Khakpour (Hg.): Pädagogik sprechen. Die sprachliche Reproduktion gewaltvoller Ordnungen in der Migrationsgesellschaft, S. 11-34.

Queer.

Beleidigung, Gefahr, Verletzung.

Benannt werden.

Bitte, bitte nicht gesehen werden!

Ausschluss, Vereinzelung.

Abweichung von der Norm

Queer.

Widerstand, Solidarität, Kraft.

Selbst benennen.

Endlich gesehen werden!

Dazugehören, Community.

In Frage stellen

Queer.

Ein Wort.

Gewalt und Widerstand.

So nah beieinander.

Und zugleich so ein meilenweiter Unterschied.

Die Realität gewordene "Möglichkeit einer produktiven Aneignung und Umwertung".


Luca D'Ortona: Hörspiel (WiSe 2019_2020)

Hörspiel zum Text von: Thompson, Christiane (2016): Differenz. In: Paul Mecheril (Hg.): Handbuch Migrationspädagogik. 1. Auflage. Weinheim: Beltz, J (Beltz Handbuch), S. 59-82.

Sohn: Papa, was liest du da?
Vater: Ich lese einen Text für die Uni.
Sohn: Worum geht es da?
Vater: Um die Frage wie wir Menschen zu unserm Wissen kommen. Ist etwas kompliziert.
Sohn: Kannst du mir das erklären?
Vater: Dir erklären? Ich verstehe es selber nur so grade eben.
Sohn: Dann versuch es mir doch so zu erklären, dass ich es verstehen kann. Vielleicht verstehst du es dann auch besser.
Vater: Na schön, ich versuche es so zu erklären, dass du es verstehen kannst, ok?
Sohn: Ja.
Vater: Also erstmal die Frage an dich: Woher weißt du zum Beispiel, was das Wort Flüchtlingsstrom bedeutet?
Sohn: Weil du es mir mal erklärt hast. Obwohl ich es nicht ganz verstanden habe um ehrlich zu sein.
Vater: Ok, und woher weiß ich das so gut, dass ich es dir erklären konnte?
Sohn: Keine Ahnung, du hast das wahrscheinlich mal irgendwo gelesen, oder jemand hat es dir erklärt.
Vater: Und diese Person, die mir das erklärt hat oder das Buch geschrieben hat, die das gelesen hat, woher weiß die das?
Sohn: Vielleicht von einer anderen Person?
Vater: Vermutlich. Was ich damit sagen will ist, dass die Menschen das Wissen in den meisten Fällen von anderen Menschen haben, die diese Sache, zum Beispiel den Begriff des Asylbewerbers irgendwann mal erfunden haben, um das beschreiben zu können.
Sohn: Ja natürlich, du kannst ja nicht alle Wörter selber erfinden. Die Menschen vor dir haben auch schon die Welt beobachtet und sich Gedanken gemacht, ist doch klar.
Vater: Genau, das ist ganz normal, aber auch ein Problem.
Sohn: Warum?
Vater: Frag dich doch mal, wer diese Menschen sind, die den anderen Menschen Dinge erklärt haben. Waren das z.B. arme Menschen, vielleicht aus Ländern ganz weit weg von Deutschland und Europa?
Sohn: Wenn du schon so fragst, wahrscheinlich nicht.
Vater: Ganz genau. Das meiste Wissen, dass uns in Deutschland oder in Europa vermittelt wird, kommt in seinem Ursprung meistens von Männern, manchmal auch von Frauen, aber überwiegend von Männern, die ebenfalls aus Deutschland oder Europa oder anderen Ländern die eine ähnliche Kultur wie Europa haben, zum Beispiel die USA. Außerdem
haben diese Menschen meistens z.B. genug mehr Geld, als viele andere Menschen und haben vielleicht keine Ahnung, wie Menschen aus anderen Teilen der Welt darüber denken. Sie erklären nur, wie sie selber die Dinge sehen.
Sohn: Und was ist das Problem daran?
Vater: Das Problem ist, dass ich dann denke, wenn mir diese Menschen was erzählen oder Bücher über Dinge schreiben, dass diese Menschen diese Sache komplett erklärt haben. Sie haben aber nur ihren Blick darauf gezeigt und dem Namen gegeben. Trotzdem wird mir so vermittelt, dass dies das richtige ist. Eine kleine Gruppe von Menschen bestimmt also im Prinzip was die Dinge auf der Welt bedeuten.
Sohn: So wie, wenn Tom aus meiner Klasse immer die Regeln beim Fangen spielen in der Pause bestimmt?
Vater: So ähnlich. Nur beim Fangen spielen kannst du einfach dann nicht mitspielen, wenn du keinen Bock auf die Regeln hast. In meinem Beispiel ist das nicht so einfach. Man bekommt ja ganz automatisch viele Sachen von anderen gehört. Wenn du zur Schule gehst, erzählen dir die anderen Kinder aus deiner Klasse oder deine Lehrerinnen und Lehrer ja auch ganz viele Sachen.
Sohn: Das ist ja auch gut, oder? Ich soll ja was lernen.
Vater: Natürlich, das ist auch ganz normal. Nur sollte man wissen, dass die Menschen oder die Menschengruppen auf der Welt, die besonders viel Macht haben, in gewisser Weise auch bestimmen, wie die vielen Dinge und Sachen auf dieser Welt benannt werden und was sie
bedeuten. Kennst du Wikipedia?
Sohn: Ja natürlich, da kann super für Vorträge in der Schule nachgucken.
Vater: Ähhja...solange man noch zur Schule geht, an der Uni ist das was anderes. Aber egal. Auch bei Wikipedia schreiben Menschen die Macht haben ihre Perspektive zu einer Sache und tun dann aber oft so, als wäre das die einzige richtige Erklärung. Stell dir mal vor, Tom aus deiner Klasse erzählt morgen in der Schule, dass er ein tolles Geheimversteck im Wald hier in der Nähe unter einem Baum gefunden hat.
Sohn: Meinst du mein Geheimversteck im Wald?
Vater: Genau.
Sohn: Das habe ich aber zuerst entdeckt.
Vater: Was würdest du dann machen?
Sohn: Ich würde ihm sagen, dass ich das zuerst gefunden habe und es mein Versteck ist.
Vater: Und wenn Tom aber behauptet, dass er das als erster gefunden hat?
Sohn: Dann würde ich den anderen sagen, dass das nicht stimmt.
Vater: Und jetzt stell dir mal vor, dass dir niemand zuhört, wenn du das sagst. Alle glauben nur das was Tom sagt und feiern Tom dafür, dass er dieses Versteck gefunden hat und keiner hört dir zu. Oder noch schlimmer: Stell dir vor, dir wird der Mund zugeklebt, sodass du gar nicht
mehr sagen kannst, dass du das Versteck gefunden hast. Alle werden nur Tom glauben.
Sohn: Das ist ja voll ungerecht!
Vater: Willkommen auf der Erde, mein Sohn.
Sohn: Und was hat das jetzt mit dem zu tun, was du für die Uni liest?
Vater: Da steht quasi das gleiche drin, nur etwas komplizierter und auf die Frage bezogen, wie auf dieser Welt das Wissen entsteht. Da gibt es nämlich auch einige Menschen wie Tom und viele Menschen, denen der Mund zugeklebt wird und denen nicht zugehört wird.
Sohn: Kann man das nicht ändern? Das jeder jedem zuhört und es keinen Tom mehr gibt, der alles bestimmt?
Vater: Der Artikel sagt, dass das leider nicht klappt. Es wird immer Kinder wie Tom geben und Kinder, denen keiner zuhört. Man kann aber trotzdem versuchen auch den anderen Kindern zuzuhören und sich daran erinnern, dass keiner, auch nicht Tom, alles komplett richtig
erklären kann.
Sohn: Aber du willst doch Lehrer werden. Was hat das mit deinem Beruf zu tun?
Vater: Darum geht es am Ende dieses Textes. Wenn ich als Lehrer später meiner Klasse was beibringen möchte, werde ich vermutlich viel von dem erzählen was mir von Menschen wie Tom beigebracht wurde (also dem Tom aus deinem Beispiel, nicht dem echten Tom aus deiner Klasse). Weil ich selber Sachen von Tom erfahren habe oder von Lehrern an der Uni,
die selber ihre Sachen von Tom gelernt haben. Die Interkulturelle Bildung, so heißt das wofür ich gerade diesen Text lese, versucht aber auch mir beizubringen, wie ich später meiner Klasse nicht nur Sachen erkläre, die ich von Tom weiß, sondern die mir auch andere Kinder beigebracht haben, denen man nicht so oft zuhört wie Tom. Nur weil Tom zum
Beispiel sagt, dass es nur Männer und Frauen gibt, muss das nicht unbedingt stimmen.
Sohn: Es gibt doch auch welche, die beides sind, oder so ähnlich.
Vater: Ja...so ungefähr..., aber darüber sprechen wir ein anderes Mal. Was ich damit sagen will ist: Nur weil es einige Menschen auf der Welt gibt, die wie Tom sind oder alles glauben was Tom ihnen erzählt, bedeutet das nicht, dass alles was Tom erzählt das einzig richtige ist.
Sohn: Und das steht in dem Text?
Vater: Ja, ungefähr, wenn ich das richtig verstanden habe. Nur mit vielen schwierigen Wörtern und etwas ausführlicher geschrieben.
Sohn: Dann lies du mal in Ruhe weiter, dass du alles gut verstehst und ich sage Tom morgen, dass er nicht immer die Regeln beim Fangen spielen alleine bestimmen kann, nur weil er der größte und stärkste in der Klasse ist.
Vater: Viel Glück dabei. Das versuchen manche Menschen auf der Welt schon seit mehreren Jahrhunderten.
Sohn: Und klappt das bei denen?
Vater: Manche schaffen es tatsächlich bei den Regeln vom Fangen spielen jetzt mitbestimmen zu dürfen. Viele bekommen aber auch eins auf die Schnauze, wenn sie sich mit Menschen wie Tom anlegen. Aber versuche es ruhig, wenn du willst.
Sohn: Falls er mich hauen will, laufe ich weg und ruf die Pausenaufsicht.
Vater: Eine Pausenaufsicht, das wäre auch mal eine Idee für unsere Welt...


Leonie Zumbach: Zeichnung (WiSe 2019_2020)
Zeichnung zum Text von: Dirim, İnci (2010): "Wenn man mit Akzent spricht, denken die Leute, dass man auch mit Akzent denkt oder so.". Zur Frage des (Neo)Linguizismus in den Diskursen über die Sprache(n) der Migrationsgesellschaft. In: Paul Mecheril (Hg.): Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturell-pädagogische Forschung. Münster, München [u.a.]: Waxmann, S. 91-111.


Charline Diekmann: Zeichnung (WiSe 2019_2020)
Zeichnung zum Text von: Dirim, İnci (2010): "Wenn man mit Akzent spricht, denken die Leute, dass man auch mit Akzent denkt oder so.". Zur Frage des (Neo)Linguizismus in den Diskursen über die Sprache(n) der Migrationsgesellschaft. In: Paul Mecheril (Hg.): Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturell-pädagogische Forschung. Münster, München [u.a.]: Waxmann, S. 91-111.


Alisa Kruppa: Zeichnung (WiSe 2019_2020)
Zeichnung zum Text von: Balibar, Étienne (2017): Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten. Unter Mitarbeit von Michael Haupt und Ilse Utz. Sechste Auflage. Hamburg: Argument Verlag (Argument classics). S. 49-84


Marina Kandt: Poem (WiSe 2019_2020)
Gedicht zum Text von: Balibar, Étienne (2017): Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten. Unter Mitarbeit von Michael Haupt und Ilse Utz. Sechste Auflage. Hamburg: Argument Verlag (Argument classics). S. 49-84

Die Präsenz der Vergangenheit

Rassismus, nein Rassismen!

Mehrere, verschiedene:

Innen, außen, bewusst, unbewusst,

soziologisch, psychologisch,

kolonial, global,

institutionell,

legitimiert.

Hier bei uns.

Heute. Gestern. Vorgestern. Morgen.

Übermorgen?

Vieles was man im Mittelalter geglaubt hat - heute undenkbar.

Umdenken dauert.

Aber es ist nicht unmöglich.


Loubna Khaddaj: Poem (SoSe 2020)

Gedicht zum Text von:  Hormel, Ulrike; Scherr, Albert (2004): Menschenrechtspädagogik in: Bildung für die Einwanderungsgesellschaft. Perspektiven der Auseinandersetzung mit struktureller, institutioneller und interaktioneller Diskriminierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S.131-157

"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren",
und trotzdem sind wir hier auf dem Wasser verloren.

Mit jeder Welle, die unser Boot zum Schaukeln bringt,

bin ich mir nicht sicher, ob mir das Überleben noch gelingt.

Ich weiß nicht, worauf die ganzen Staaten noch warten,
die Situation hier wird bald ausarten.

Sie diskutieren über Dokumente, Menschenrechte, Pflichten und andere Sachen,
das bringt uns hier gerade nichts, ich müsst doch jetzt endlich was machen!

Jeden Tag nähern wir uns dem Ufer und denken wir sind am Ziel,
die Realität ist aber, wir leben ständig im Exil.

Die Zustände in den "Flüchtlingslagern" habt ihr auch verdrängt,
ist ja nicht so wie bei uns, dass euer Leben davon abhängt.

Ich will einfach nur Sicherheit zugesagt bekommen,
stattdessen wird mir mein Pass abgenommen.

Menschenrechtsbildung 2.0, dass ich nicht lache,
ich bin mir ja nicht mal sicher, ob ich morgen noch erwache.

Mit dem "Recht auf Bildung" werden wir uns dann später befassen,
falls es eure Strukturen überhaupt zulassen.

Und während wir hier in unserem Boot vergessen werden, frage ich mich,
wie es eigentlich mit unserer "Würde" aussieht, wo ist diese geblieben,
mir scheint, als ob sich hier die Maßstäbe verschieben.

"Persons of concern" werden wir genannt,

bisher wurden wir von eurer "Sorge" allerdings noch nicht überrannt.

Ich bin mir sicher, dass das alles ein Machtspiel ist, von euch konstruiert,
es ist ja klar, wer in diesem Spiel verliert.

Und ihr könnt die Schuld von euch abweisen, so oft ihr wollt,
irgendwann werdet ihr von eurem schlechten Gewissen überrollt.

Holt uns hier raus, schaut uns ins Gesicht,

das ist keine Ansichtsfrage, vielmehr eure Pflicht!

Fiona Kneer: Tweets (SoSe 2020)

Tweets zum Text von: Hormel, Ulrike; Scherr, Albert (2004): Menschenrechtspädagogik in: Bildung für die Einwanderungsgesellschaft. Perspektiven der Auseinandersetzung mit struktureller, institutioneller und interaktioneller Diskriminierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S.131-157

Über Menschenrechte diskutieren, sie aber niemals in Frage stellen! #Rechteecke #Diskurs #kontextabhängig #Verhandlungssache

Die Gleichsetzung von Sein und Sollen im Postulat der Menschenwürde verschleiert die Realität von Menschenrechtsverletzungen. Die Menschenwürde ist (leider) nicht unveräußerlich sondern wird lediglich gewährt - und jeden Tag angetastet. #Tastsinn #Diskrepanz #Augenauf

Über was reden wir eigentlich, wenn wir über Menschenrechte sprechen? Historische, gesellschaftliche und politische Kontexte müssen in der pädagogischen Auseinandersetzung um und über Menschenrechte beachtet werden. #Werte 'Gewichtung #überallanders #GlückoderEssen

Ist die Menschenwürde unantastbar oder sollte sie es nur sein? #Diskrepanz #SeinundSollen

Sind Menschenrechte eine Währung, die ebenso wie Geld an Wert verlieren, wenn zu viel von ihnen da sind? #GoldstandardMenschenwürde #Inflation #Crash #alleszusammenvielzuteuer

Menschenrechte werden jeden Tag verletzt, sie dürfen jedoch nicht aufgegeben werden. #Balanceakt #VisionabernichtIllusion

Ist jede*r so vernünftig die Menschenrechte zu achten? #Kantexklusiv #Vernunftlich

Menschenrechte sind nur der Versuch, das verpflichtende Ideal der Menschenwürde zu explizieren. #Operationalisierungszwang #Validität

Kann es eine singuläre allgemeine Erklärung der Menschenrechte geben, die zum einen die Privatsphäre aller schützen und zum anderen deren gesellschaftliche und politische Partizipation gewährleisten? #bisschendifferenzierterbitte #Verhandlungssache #Kategoriesierungszwang #KantaufKopf #moralischeVerpflichtungistnichtgenug

Wo kommst du her, wo gehst du hin? Sag mir deine Werte und ich geb dir einen Sinn! Aneignungsprozesse von Werten sind prinzipiell ein eigensinniger, nicht zu steuernder Prozess. #Interpretationssache #NurBeifahrer

Es muss auf eine vermeintlich notwendige Anerkennung philosophischer Denktraditionen als Ausgangspunkt einer Thematisierung von Menschenrechten verzichtet werden. #Kantwegbashen #Öffnungsprozesse

Leid teilen alle. #Menschenrechteexnegativo #Lebenisthart

Bist du Staatsbürger, hast du Rechte. #Universellgehtanders #ÜberdenTellerrand #Bishierhinundnichtweiter

Menschenrechte sind weder Lösung für aktuelle gesellschaftliche Missstände, noch sollte an ihnen als Illusion festgehalten werden. Als Kriterium und Referenzpunkt zur Auseinandersetzung mit Diskriminierung und Entrechtung sind sie jedoch unverzichtbar. #GuteGrundlage

Mensch du hast Rechte! #Empowerment #Aneignungsprozesse #ichwillauch

Es muss täglich die Diskrepanz wischen Anspruch und Wirklichkeit aufgezeigt werden, bei uns und überall. #derfehlbareWesten #FingerindieWunde #Ausdauerlauf


Marie Tödtemann: Poem (SoSe 2020)

Gedicht zum Text von: Hormel, Ulrike; Scherr, Albert (2004): Menschenrechtspädagogik in: Bildung für die Einwanderungsgesellschaft. Perspektiven der Auseinandersetzung mit struktureller, institutioneller und interaktioneller Diskriminierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S.131-157

Gedicht aus Menschenrechte-Sicht

Als verstaubte Pokale stehen wir in Vitrinen
Konserviert hinter Glas können wir niemandem dienen

Sind Errungenschaft aus vergangenen Zeiten
Unsere Wirkung wollen wir aber noch weiten

Wir sind historisch und wir sind brandaktuell
Wir stehen geschrieben - doch hintergeht man uns schnell

Wir sind nicht euer Ist-Zustand
Wir haben eure Baustellen erkannt

Wir sind kein Pokal, wir sind wie Muskeln gebaut
Trainiert ihr uns, werden wir stark und auch laut!

Doch im Museum unter dem Vitrinenlicht
hinter dicken Scheiben - da hört man uns nicht

Dann verlässt uns schonmal der Mut
Sind wir noch gültig? Wofür sind wir gut?

Zu gerne würden wir mit euch gehen
ganz oben auf euren To-Do Listen stehen

Wären wir eure größte Leidenschaft
gäbe uns das eine neue Kraft

Würdet ihr uns leben und schützen
das würde uns mehr als Glasscheiben nützen

Das war jetzt dringend zu erwähnen
Nun könnt ihr uns mit in die Zukunft nehmen


Elena Bondarenko: Poem (SoSe 2020)
Gedicht zum Text von: Riegel, Christine (2017): Othering in der Bildungsarbeit. Zu pädagogischem Handeln in widersprüchlichen Verhältnissen. In: Außerschulische Bildung. Zeitschrift der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, Jg.2017, H.2. S. 16-22.

Die Anderen und Ich,
die Anderen mit und ohne Mich.
Doch wer bin Ich eigentlich
und wer sollt Ich sein
Teil des Ganzen oder allein?

Wer sind die Anderen,
was ist das Fremde?
Wenn man darauf doch nur Antwort fände.
Oder liegt der Weg im Fragenstellen,
darin das Verborgene zu erhellen?

Opfer oder Täter sein?
Bin ich selbst mit Mir im rein?

Veränderung in voller Gänze
Oder ziehe ich vor Mir selbst ne Grenze?

Werd beherrscht und beherrsche selber
Kreislaufartig, ohne Ende.
In Strukturen, strukturiere selber
Liegt der Ausweg in der Wende.

Fange zunächst bei Mir an, dazu hab ich jetzt den Drang.


Elysee Aki: Poem (SoSe 2020)
Gedicht zum Text von: Hall, Stuart (2012): Der Westen und der Rest: Diskurs und Macht. In: Stuart Hall (Hg.): Rassismus und kulturelle Identität. 5. Aufl. Hamburg: Argument-Verl., S. 137-179.

Der Westen und der Rest

Der Westen basiert auf historischen Konstrukten.
Wobei sich viele vor seinem Fortschritt duckten.
Der Westen untersagte dem Rest die Chance
Und erzeugte so das Konzept "la grande differénce"

Er strebt nach einer gewissen Ideologie der Denk-und Wissenstruktur
In der sein Identitätsbewusstsein den Unterschied erfordert in der Kultur
Der übermäßige Vergleich mit den "Anderen"
Stillt und verstärkt seine Identitätsbildung bei Bekannteren

Der Westen entwickelt das Konzept der Differenz
Dennoch verlangt er vom Rest die Kapitulation seiner Intelligenz,
Verweigert sich diese bei dem "Anderen" zu erkennen und zu respektieren
Wodurch sie den Rest mithilfe der religiösen Heuchelei brutal missionieren

Mit der Einwirkung von Stereotype in seinen Weltmodus
Besitzt der Westen den gesamten Globus
Bildet sich darüber Vorstellungen ein,
Saugt den Rest hinein


Loubna Khaddaj: Poem (SoSe 2020)

Gedicht zum Text von: Castro Varela, Maria do Mar; Heinemann, Alisha M. B. (2017): Ambivalente Erbschaften. Verlernen erlernen! In: Trafo.K (Hg.): Strategien für Zwischenräume. Ver_Lernen in der Migrationsgesellschaft. Schulheft (1). Wien.

Wie jetzt, meine Privilegien sind nicht die Norm?!
Das soll ich jetzt verlernen, wie soll das gehen, in welcher Form?

Das "Verlernen erlernen", ist das nicht ein Widerspruch?
Dieses seltsame Konzept bekommt von mir keinen Zuspruch.

Und ist verlernen nicht vergessen?
Wie kann ich mich ohne meine Privilegien mit "den Anderen" messen?

Hegemoniale Wissensproduktion soll hinterfragt werden, ok,
wie ist das denn jetzt gemeint,
ganz schön kompliziert, wie mir scheint.

Du sagst, ich soll mich fragen,
wer die Protagonist*innen hinter der Bildung sind,
und was wollen sie mich lehren?
Du sagst, du hast das Bedürfnis, dich gegen diese Inhalte zu wehren.

Und das Wissen, das sich über Jahrzehnte durchgesetzt hat?!
Auch hier sagst du, hast du die hegemoniale Bevormundung endgültig satt!

Ich soll die Geschichte meiner Privilegien betrachten,
wie und wodurch ich überhaupt dazu gekommen bin.
Ganz ehrlich, das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn!

Du sagst, dass diese Auseinandersetzung
Machtstrukturen abschwächen würde,
und auch, dass meine Ignoranz zwischen uns steht, eine Hürde.

"Mich selbst zurücknehmen" und "andere Wissensinhalte" anerkennen,
ja und dann?
Du sagst, das würde für gerechtere Zustände sorgen, irgendwann.

Ich kann dir gerade gar nicht folgen, dir geht es doch gut,
warum stellst du alles in Frage?
Hörst du mir zu, verstehst du, was ich sage?

In letzter Zeit bist du so kritisch geworden, es ist echt anstrengend mit dir, du wirst noch alleine sterben.
Und im Gegensatz zu mir, kannst du deine Privilegien nicht an deine Kinder vererben.

Du willst doch jetzt nicht etwa auch noch an meinen Privilegien teilhaben?
Das kann nicht sein, das lasse ich nicht zu,
denn ohne meine Privilegien,
wer bin dann ich....
... und wer bist du?

Saskia Hartig: Poem (WiSe 2020_2021)

Gedicht zum Text von: Crenshaw, K. (2019). Das Zusammenwirken von Race und Gender ins Zentrum rücken: Eine Schwarze feministische Kritik des Antidiskriminierungsdogmas, der feministischen Theorie und antirassistischer Politiiken (1989). In N. A. Kelly (Ed.), Schwarzer Feminismus. Grundlagentexte (S. 143-184.). Münster: Unrast-Verlag.

I want to call your name
Shout for attention
For the ambulance must soon be there
Cars rushing by
Honking, roaring, screaming
Over and around the existence of yours

Some call 911
Again and again
Call to be found
But it goes
"we're sorry
But we don't understand"
That's how the calls often end

So I'm left here standing
On the side of the road
A burn bright red
Right in my throat

I cannot enter the street
I cannot take your place
For you are not me

We need to construct a bridge
or maybe a roundabout
But I'll shout your name
And call the ambulance
again and again